
Die Bürgerinitiative hat dieses Jahr gemeinsam mit der Recht auf Stadt Ortsgruppe Jena eine Kundgebung zum Housing Action Day organisiert.
Auf der Kundgebung an dem sonnigen Samstag, den 26.03.2022, auf dem Holzmarkt haben verschiedene Gruppen verschiedene Aspekte der Wohnraumproblematik und der Widerstandsstrategien beleuchtet.
Unter anderem hat Lagerwatch Thüringen über die staatlich anordneten Elendszustände in den Geflüchtetenunterkünften in Thüringen berichtet: „Lager bieten das Gegenteil dessen, was alle Menschen brauchen – Schutz, einen Ort, an dem Menschen in Sicherheit und Frieden ankommen können, Rückzugsmöglichkeiten und das Recht auf Privatsphäre.“ Es wurde betont, dass bezahlbarer und menschenwürdiger Wohnraum ein Grund- und Menschenrecht ist. Das ganze Statement von Lagerwatch können Sie hier nachlesen.
Es folgte ein Gespräch über die Rolle der Genossenschaften im Kampf gegen die kapitalistische Wohnungskrise und für bessere Wohnbedingungen und mehr Mitbestimmung. Eine Initiative aus der Jenaer Baugenossenschaft berichtete von Erfahrungen und warb für Selbstorganisierung als Genossenschaftler:innen!
Weiterhin wurde über die bundesweit wachsende Organisierung der Mieter:innenbewegungen und deren Aktionsformen, Strategien und Ziele berichtet.
Wir haben an unserem Infostand Passant:innen über unsere Aktivitäten informiert und unsere Mieterzeitung verteilt. Zudem haben wir auch eine Rede gehalten, die wir Ihnen nicht vorenthalten möchten:

„Hallo, ich bin Mieter bei JenaWohnen und organisiert in der Bürgerinitiative Soziales Wohnen.
Wir setzen uns für niedrige Mieten, mehr Mitbestimmung und gute Nachbarschaft ein.
Ich möchte mich bei den Veranstalter*innen bedanken für die Organisation und für die Möglichkeit hier zu sprechen und bei allen Anwesenden für ihr kommen.
Heute will ich einen Teil des Mietenwahnsinns in Jena beleuchten, insbesondere bei jenawohnen. Jenawohnen ist ein Unternehmen, dass zum Großteil der Stadt gehört aber nicht der öffentlichen Daseinsvorsorge dient, sondern Gewinn erwirtschaften soll.
In den letzten 3 Jahren haben wir mehrere Hausgemeinschaften unterstützt, die sich gegen einen unfairen Umgang wehren wollten. Hintergrund war dabei jeweils die anstehende Kernsanierung ihres Blocks oder Aufgangs. Davon möchte ich hier berichten, um zu zeigen, wie ein städtisches Unternehmen Mieterrechte bricht und die Preise hochtreibt.
Lassen Sie mich so eine Sanierung aus Sicht eines Mieters schildern: Wenn Sie in einem der Blöcke wohnen, die saniert werden sollen, bekommen Sie Post von jenawohnen. Darin steht, dass eine Sanierung geplant ist und Sie ausziehen müssen. Und dann werden Sie bearbeitet: mit Drohszenarien und Angeboten, mit Falschinformationen und Versprechen. Wenn Sie schnell nachgeben oder wenig Widerstand zeigen, werden Sie abgespeist mit schlechteren Wohnungsangeboten, höherer Miete und weniger Vergünstigungen. Wer selbstbewusst auftritt oder eine Anwältin einschaltet, hat mehr Chancen. Als erstes fallen alle hinten runter, die ihre Rechte nicht kennen, betagt sind oder nicht gut Deutsch können.
An keiner Stelle bemüht sich jenawohnen, allen im Haus ihre Rechte zu erklären oder gleiche Bedingungen für alle herzustellen. Und auch Informationen sind spärlich. Ihrer Nachbarin wird etwas anderes erzählt als Ihnen, Gerüchte gehen um, am Ende sind alle gestresst, genervt, verzweifelt.
Vereinbarungen oder mündliche Versprechen der Mieterbetreuer sind plötzlich vergessen oder werden verleugnet. Entschädigungen für Einrichtungsgegenstände werden nicht gezahlt oder weniger als versprochen. Und Sie sitzen vielleicht vier Wochen in der uneingerichteten neuen Wohnung, weil das Umzugsunternehmen im Verzug ist.
Warum das alles?
Das Hauptziel ist, dass alle ihre Mietverträge kündigen und die Wohnungen nach der Sanierung neu und teurer vermietet werden können. So stiegen die Mieten zum Beispiel in der Ziegesarstraße von teils 4€ auf plötzlich 8€ pro Quadratmeter.
Wir sehen sehr deutlich, was dieser Umgang für Folgen für die Mieterinnen und Mieter und den Stadtteil hat.
Erstens sind die Sanierungen durch die unzureichende Information eine unnötig hohe seelische und damit auch gesundheitliche Belastung.
Zweitens verlieren viele Mieter in Neulobeda ihren alten, relativ günstigen Mietvertrag, weil sie nicht besser über ihre Rechte informiert werden. Viele dieser Mieter sind Arbeiterinnen und Arbeiter, Familien oder Rentner, für die die hohen Mietpreise in Jena auch vor der Sanierung schon eine Belastung waren.
Drittens steigen die Mieten in den fertigen Sanierungsprojekten durch die vielen Neuvermietungen sehr stark an und treiben so den Mietspiegel der Stadt Jena weiter in die Höhe.
Aber wie könnte das besser laufen?
Grundsätzlich müssen die Mieterinnen und Mieter besser informiert werden über die Sanierungen und ihre Rechte. Ihre Verträge sollen sie behalten dürfen, und damit wieder in ihre Wohnungen zurückziehen können. Das wären Mindestbedingungen, auf deren Grundlage sich Sanierungen sozial fair und weniger leidvoll gestalten lassen. Dafür kämpfen wir auch weiterhin zusammen mit den Hausgemeinschaften.
Nun, warum macht jenawohnen das eigentlich nicht so?
Jenawohnen ist zwar ein Unternehmen der Stadt und betont immer wieder seine soziale Verantwortung. Aber das Unternehmen ist teilprivatisiert und verpflichtet einen Gewinn zu machen, den die Stadt und ein privater Investor aus dem Unternehmen ziehen. Und zwar sechs Prozent des Unternehmenswertes jedes Jahr! Das heißt, etwa drei Monatsmieten bezahlen wir nur für den Gewinn. Drei Monatsmieten!!!
Mit diesem Geld könnte das Unternehmen ohne Probleme seine Sanierungen fair gestalten, neuen sozialen Wohnraum schaffen und die Preise im Bestand stabil halten!
Wir haben in Jena zu große Probleme auf dem Wohnungsmarkt, um uns so ein Wohnungsunternehmen leisten zu können!
Darum fordern wir von der Stadt den kompletten Rückkauf von jenawohnen und, dass kein Geld mehr von den Mietern aus dem Unternehmen abgezogen wird!
Ich Danke Euch für Eure Aufmerksamkeit!
Sprecht uns gerne an, wenn ihr mehr über unseren Ansatz und unsere Arbeit erfahren wollt. Kommt gerne zum Mieterstammtisch, unseren offenen Treffen oder zum Recht-auf-Stadt-Forum.“
